Das war die Frage dieser zwei Wochen. Denn unser aufregender Start in den jeweiligen Einsatzstellen wurde plötzlich zu einer aufregenden Quarantäne. Eine Person aus unserer Seminargruppe wurde positiv auf Corona getestet und so mussten alle von uns erst einmal in Isolation und sich testen lassen.
Aber erst einmal von vorn: Meine Tutorin nahm mich liebevoll in die neue Umgebung auf, zeigte mir die Gebäude der Schule, die von Grundschule über Berufsschule bis Gymnasium alles umfassen. Und auch der kulinarische Einstieg war perfekt. Meine Tutorin lud mich zu sich ein und zeigte mir, wie man die berühmten Jakobsmuscheln kocht. Mit einem Schuss Cognac gelingen sie übrigens am besten.
Ich freue mich schon darauf, das Rezept selbst auszuprobieren. Auch wenn Kochen in meiner Wohnung jedes Mal ein Abenteuer ist. Durch die Enge hat man zwar den Vorteil gleich alle Zutaten aus dem Regal neben sich greifen zu können. Man darf sich jedoch nicht zu schwungvoll umdrehen, weil sonst die ganze Wäsche von den quer in der Wohnung gespannten Leinen hinunterflattert. Ja meine Wohnung ist klein, und alt, aber süß.
Die Einraumwohnung ist vielleicht nicht ideal aber was macht man nicht alles, um am Meer zu leben? Und das Meerfeeling ist wirklich mega. Ein zwanzigminütiger Spaziergang von meiner Wohnung aus führt mich direkt in die Dauerurlaubszone. Der salzige Geruch, die plappernden gutgelaunten Touristen, Crêpestände, ein Karusell, ein Riesenrad und Schiffsmasten bis zum Horizont lassen das Herz höher schlagen. Willkommen im Hafen von La Rochelle! Die traumhafte Kulisse wird von 3 mittelalterlichen Türmen eingerahmt. Und gleich neben dem „Vieux Port“ liegt der Strand. Mein erstes Sonne-versinkt-im-Meer-Szenario bleibt unvergessen. Einmal tief durchatmen, hier lebe ich jetzt tatsächlich bis Ende Juni.
Und was ich neben der Seeluft und der guten Laune noch unglaublich finde, ist die Farbe der Stadt. Zu Hause im heimischen Wurzen dominieren erdige Farben. Und hier ist einfach alles strahlend weiß. Jedes Haus und jeder Fußweg aus dem gleichen weißen Stein! Die Gebäude stammen aus der Kolonialzeit, wie mir meine Tutorin erklärte, weshalb es normal ist, dass jedes zweite Haus aussieht wie ein Tempel, weshalb es normal ist, trockenen Fußes durch Säulengänge zu schreiten. Der Salzhandel hat eben viel Geld eingebracht.
Doch kommen wir nun zu meinen Aufgaben an der Schule. Bisher arbeitete ich noch nicht viel. Vor allem bereitete ich viele Power-Point-Präsentationen über den Schullalltag in Deutschland, über die Stadt Leipzig etc. vor. Aber ich kann euch sagen, an einer französischen Tastatur fühlt man sich echt behindert. Da freut man sich jedes Mal, wenn das „ö“ kein „ô“ geworden ist.
Was ich die ersten Tage in der Klasse gespürt habe, war das rege Interesse der Schüler. Die Kinder freuten sich auf einen spannenderen Unterricht. In der Deutsch Plus Klasse äußerte ein Mädchen den Wunsch, einmal nach Deutschland reisen zu wollen, um den ganzen Tag zu essen und von allen Zwischenmahlzeiten zu profitieren. Ich dagegen versuche wirklich nur dreimal am Tag zu essen, um den französischen Rhythmus einzuhalten. Ja und dann fragte mich ein Junge, wie denn die französische Mentalität nach meiner Meinung überhaupt sei. Viele konnten es sich nicht vorstellen, dass man freiwillig französisch lernt und dann hier ein Jahr für ein Volontariat bleibt. In Frankreich ist diese Pause zwischen Schule und Studium nicht üblich. Und als ich dann erzählte, dass mir die Ruhe gefällt, die Franzosen von Natur aus mitbringen. Das mussten die Schüler erst einmal reflektieren.
Ansonsten gibt es immer was zu lachen, wie z. B. als ich das in einem kleinen Aufsatz gelesen habe: „Ich bin nicht glücklich, wenn ich muss in die Schule sein.“ Und ich musste auch ein bisschen über die weißen Markierungen auf dem Schulhof schmunzeln, die wie Parklücken aussehen und dafür da sind, dass sich die Schüler pro Klasse dahinter aufstellen und auf den Lehrer warten, um gemeinsam das Schulgebäude zu betreten.
Die zwei Deutschlehrerinnen an der Schule betreuen alles von 5. bis 13. Klasse, was mir neu war und so werde ich viele Eindrücke erhalten und meine Aufgaben im Laufe der Zeit finden. Außerdem warten auch noch 6-10 jährige Kinder in der Grundschule auf mich. Das werde ich euch aber genauer in den nächsten Wochen berichten.
Denn am 17.09. bekam ich die Nachricht, wie alle anderen Seminarteilnehmer, erstmal die nächste Zeit in den eigenen vier Wänden verbringen zu müssen. Für mich war das mit dem wenigen Platz und der Wlan-Losigkeit erstmal der Schock. Aber man lernte dafür andere Dinge. Zum Beispiel, dass das deutsche und französische Arte-Programm nicht parallel läuft. Teilweise wird das französische Programm eine Stunde später gesendet. Super, während man in Deutschland schon lange im Bett liegt, versucht man in Frankreich um 23 Uhr noch die Augen offen zu halten, um das Filmende mitzubekommen. Und noch eine interessante Entdeckung: Arte kann man auf Deutsch umstellen! Tja das wird dann wohl viel Kultur auf Deutsch…oder Comedy auf Französisch, denn das ist auch relativ verständlich. Die Serie „En famille“ kann ich zum Französischlernen nur empfehlen. Neben Fernsehen kochte ich auch sehr viel und versuchte ein bisschen das tägliche Mittagessen in der Kantine nachzuahmen, was mir jedoch leider nicht soo gelungen ist.
An dieser Schule gibt es nämlich eine extra Mensa für die Lehrer, die ein absolutes Paradies ist. Am ersten Buffet kann man sich Brot und Wasser nehmen. Am zweiten gibt es Vorspeisen mit allen möglichen Cremes, Suppen und Salaten. Am dritten Buffet gibt es Nachspeisen wie Käse, Mousse au Chocolat, Eclair oder Apfeltartes. Und dann kommt das Beste. Ein Koch kocht vor deinen Augen das jeweilige Hauptgericht und serviert dir, was du möchtest und wie du es möchtest. Bisher war die Lasagne mein absoluter Traum.
Am 21.09. ließ ich mich testen und war froh, dass ich schon einen Termin vereinbart hatte. Die Schlange war für Leute ohne Termin viel zu lang. Die Corona-Tester in Vollschutzanzug und zweifacher Maske wandelten wie Marsmännchen durch die unendlich lange Autoschlange. Am Straßenrand steckte man mir einfach Stäbchen in Nase und Mund und das war‘s dann. So einfach hatte ich mir das nicht vorgestellt. Das Resultat bekam ich relativ schnell am nächsten Tag.
Positiv oder negativ? Negatiiiiv! Glücklicherweise. Es war schon komisch, dass einem gratuliert wird, wie als hätte man im Lotto gewonnen. Die verbleibende Zeit an diesem denkwürdigen Tag am Ende meiner Quarantäne nutzte ich gut. Ein Strandspaziergang, eine Shoppingtour zu Gifi und eine Runde im Waschsalon. Ja, es sieht da so aus wie bei Mr. Bean. Und während ich so schön im Waschsalon auf meine Wäsche wartete, stiefelte eine Marktfrau hinein und schenkte mir zwei Päckchen Erdbeeren, weil sie gerade ihren Stand zumacht und die nicht mehr braucht. Ich fragte noch „Gratuit?“ aber da hatte sie mir die Erdbeeren schon auf den Stuhl neben mich gelegt.
Was noch so anders ist? Es gibt keine Drogeriemärkte! Man darf sich aus Parapharmacien, Parfümerien und Supermärkten alles zusammensuchen. Außerdem entdeckte ich im Supermarkt ein riesiges Regal mit Caps und T-Shirts mit der Aufschrift „Ich liebe Frankreich“. Stellt euch das mal in Deutschland vor. Achso und Mittwoch ist hier ein kleiner Frei-Tag. Ab um 12 wird nicht mehr gearbeitet. An diese Pause in der Woche kann man sich echt gewöhnen.
Und ganz wichtig: die Mittagszeit, also das Déjeuner, ist heilig. Da wäscht keiner seine Wäsche im Salon, geschweige denn irgendjemand lässt sich auf der Straße blicken. Die Bäcker machen zu, überall aus den Wohnungen tönt Geschirrgeklapper und in die Restaurants und Cafés sind voll, egal an welchem Tag. Man bleibt übrigens sitzen bis der Tischnachbar aufgegessen hat, und wenn das bis 14 Uhr dauert. Ich find’s schön.
Ciao ciao und bis bald!
köstliche Jakobsmuscheln
Masten bis zum Horizont
„Schülerparklücken“
vor der Teststation
heute gab es Melonensalat, Fisch und Mousse au Chocolat
Glück im Waschsalon