Seminargruppe F oder le groupe de ouf

Und schon ist die Zeit in Südfrankreich wieder vorbei. 

Wir sind die Gruppe F, Deutsche und Franzosen gemischt, die sich nun noch einmal in drei weiteren Seminaren über das Jahr verteilt, entweder in Deutschland oder Frankreich, trifft. Und wir sind le groupe de ouf [ouf ist sowas wie mega geil], weil es einfach gut klingt.

Unsere Einstellung änderte sich während des Seminars schnell von „verloren“ zu „motiviert“. Denn schon allein der komplett andere Rhythmus warf zumindest uns Deutsche ins kalte Wasser. Vor allem am Anfang war der Tag eng getaktet, weshalb wir zwar viel lernten, uns aber fast keine Freizeit blieb. Aber nicht schlimm, es gab ja noch die Nacht, überhaupt brauchen die Franzosen wenig Schlaf. Ob Werwolf auf der Fake-Wiese im Garten, entspanntes Quatschen am Fluss oder Tanzen hoch über der Stadt auf dem Château – die Stimmung war genial. Wir hätten bestimmt nicht erwartet, dass man plötzlich Freunde hat, die man über das Jahr besuchen kann. Denn von ehemaligen Freiwilligen erfuhren wir: In der Woche wird gearbeitet und am Wochenende gereist. Ich bin gespannt.

Besonders hilfreich in Bezug auf unsere Arbeit in den Einsatzstellen waren die Spiele, die uns entweder die Teamer oder wir uns selbst beibrachten. So probierten wir anhand der Gruppe aus, ob das Spiel funktionierte und wir es später in der KiTa oder Schule anwenden können. Vom einfachen Spiel „Stille Post“ bis zu komplexen Rollenspielen war alles dabei. Die Kreativität von einigen flashte mich.

Vor allem die deutschen und französischen Ausdrücke lernten wir schnell. Und wenn die Franzosen „ rot, wie eine Tomate“ werden, wenn Azedine „seine Schnecke sucht“, wenn sie dir das Kompliment „du bist knorke“ geben, dann war es für uns Deutsche Zeit, hinter jeden genervten Ausdruck „Wesh“ zu setzen. Denn gut ankommen in Frankreich oder Deutschland, das ist wichtig.

Diese Dinge besprachen wir z.B. am Tisch. Wir hatten bei den köstlichen Vier-Gänge-Menüs mittags und abends enorm viel Zeit, die anderen kennenzulernen. Und irgendwann war man es schon gewohnt, zu wetten, ob es heute Muscheln oder Fisch gibt. Mit viel Liebe wurde für uns gekocht und auf einzelne Wünsche eingegangen. Wir genossen es, rundum verwöhnt zu werden und für viele war es neu, dass abends immer Rosé oder Rotwein auf dem Tisch stand. Was für ein Lebensgefühl! Da hat man schon ein Geschmackserlebnis und isst sich wie durch eine kleine Geschichte durch. Vorspeisen wie Lachssalat, Salat mit Pinienkernen oder Cashews, Ei mit Zuckerschoten sind zum Genießen da. Hauptspeisen waren z.B. Stier in Rotweinsoße, Muscheln mit schwarzen Nudeln oder Fisch. Käsesorten wie Mimolette, Bleu oder Tomme Catalane runden das Essen ab und dann nach einer Stunde schmelzen Mousse au Chocolat, Schwimmende Insel, Windbeutel oder Apfeltarte auf der Zunge. Ja, Glück ist vor allem Zeit und Essen. Kein Wunder, dass wir Deutschen gestresst sind. Ruhe ist das A und O, was einige Franzosen sogar gegen Liberté, Egalité und Fraternité eintauschen würden.

Da bleiben die Deutschen doch eher bei den Werten Solidarität, Demokratie oder Freiheit und am Ende ist das wirklich nicht schlecht, weil wir gelernt haben, durch die Diversität neue Ideen zu finden und freier zu denken.

Und dann darf man Sommières und unsere Unterkunft nicht vergessen. Hinter der schlichten Tür von Le Cart, der Name der Einrichtung, eröffneten sich ein paradiesischer Garten und ein Riesenpool. Da haben die Partner-und Gruppenübungen Spaß gemacht, wenn man sich entspannt unter die hohen Bäume verkrümeln konnte.

An den Nachmittagen badeten wir oder lernten die Stadt kennen. Eine Einheimische erzählte uns von den Schnecken mit einer Sauce aus Sommières und Artischocken, die Spezialität der Region, was natürlich auf Französisch viel besser klingt: les escargots à la sauce de Sommières aux artichauts. Detailverliebt widmeten wir uns den niedlichen Läden, den schmalen Gassen und den knallvioletten Fensterläden. Eine Wanderung der Extraklasse und das Schwein zum Streicheln auf dem Markt waren andere Highlights…

Jetzt sitze ich im Zug und fahre mit zwei anderen Freiwilligen in meinen Einsatzort La Rochelle. Nachdem wir die Höllentreppen in Paris überstanden haben, kann der Tag nur besser werden. Naja und ich freue mich aufs nächste Seminar, denn da geht’s nach… Berlin! Da heißt es dann nicht mehr Muscheln und Wein sondern Currywurst und Weihnachtsmarkt und wenn ich ehrlich bin, freue ich mich auch schon wieder auf einen richtigen Döner.

Tschüss tschüss und bis bald!

Lieber Bleu (links) oder Mimolette (rechts unten)?

Paradiesischer Garten

1 Kommentar zu „Seminargruppe F oder le groupe de ouf“

  1. Lena Springfeld

    Toller Schreibstil und mit Liebe zum Detail geschrieben! Dein Blog macht Spaß zum Lesen und hungrig auf mehr Lesestoff! Freue mich auf weitere schöne Texte von dir!

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